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Achtung, sonst verpassen Sie die Normalität!
Welches Lagebild haben Sie derzeit von der Halbleiterbranche? Volle Lager? Normalisierte Lieferzeiten? Schwache Auftragslage? Warum sollte man dann gerade jetzt wieder etwas ordern?
Aber es wird nicht immer so bleiben. Jeder übertriebenen Euphorie folgt eine übertriebene Korrekturphase – wie jetzt gerade. Und danach wird wieder alles normal.
Was also tun, wenn sich die Stimmung bald wieder aufhellt?
In unserem Interview fragen wir mit Thomas Gerhardt einen Spezialisten mit über 30 Jahren Erfahrung und sechs persönlich erlebten Allokationen in der Elektronikbranche. Herr Gerhardt ist Managing Director bei GLYN GmbH & Co. KG und Vorstandsmitglied im Fachverband Deutsche Bauelemente Distribution e. V. (FBDi).
GLYN: Herr Gerhardt, volle Lager, kurze Lieferzeiten, schwache Aufträge. Ein typisches Lagebild nach Allokationen. Welche Erkenntnisse aus Ihrer über 30 jährigen Branchenerfahrung können Sie unseren Entscheidern dazu mit auf den Weg geben?
Gerhardt: Viele Marktteilnehmer gingen lange davon aus, dass der Markt immer weiter sehr stark wächst. Die Argumente waren und sind ja auch gut. Digitalisierung, Vernetzung, E-Mobilität, Energietransformation, um nur einige zu nennen. Die Lieferzeiten waren auf über ein Jahr hochgeschnellt. Die Auftragsbücher waren voll. Warum sollte man davon ausgehen, dass das jäh enden könnte? Der Mensch denkt linear.
Aber heute wissen wir es besser. Die Auftragseingänge waren nicht alles realer Bedarf, es waren auch viele vorgezogene Bestellungen dabei. Diese wiederum haben zu längeren Lieferzeiten geführt und diese erneut zu mehr Bestellungen.
Der größte Teil der gelieferten Ware floss in die Lagerbestände der sehr langen globalen Lieferkette. Es wurde überall gehamstert. Und alle waren zutiefst davon überzeugt, dass es ja schnell abfließen würde, sobald die ‚Goldene Schraube‘ geliefert wird. Deshalb die gute Stimmung und die hohe Bereitschaft, vieles schon für sofort zu bestellen.
Doch dann hat sich die Stimmung gedreht. Aufträge wurden reduziert. Lagerbestände sollen nun abgebaut, die zu knappe Liquidität wieder aufgebaut werden. Diesem neuen Diktat wird gerade alles untergeordnet.
GLYN: Ist diese Strategie nachhaltig?
Gerhardt: Natürlich müssen die Lagerbestände vernünftig gemanagt werden. Der Druck auf die Einkäufer ist jedoch sehr hoch. Das führt zu ungewollten Übertreibungen in die entgegengesetzte Richtung. Welche Artikel lassen sich am schnellsten abbauen? Die High-Runner.
Die Slow-Mover, also die zu viel bestellten Artikel, bewegen sich naturgemäß sehr „slow“. Es dauert viele Monate, ja vielleicht Jahre, bis sie abgeflossen sind. Das ist zu lange. Also werden die High-Runner nicht mehr nachbestellt, damit der Gesamtlagerbestand sinkt und die Liquidität steigt.
Gleichzeitig berichten die Lieferanten von ebenso vollen eigenen Lagern, normalisierten Lieferzeiten sowie guten Herstellerkapazitäten. Und die eigene Auftragslage war auch schon mal besser. Deshalb halten sich zur Zeit noch alle mit den Aufträgen zurück.
Aber es wird nicht immer so bleiben. Jeder übertriebenen Euphorie folgt eine übertriebene Korrekturphase – wie jetzt gerade. Und danach wird wieder alles normal.
Was also, wenn sich die Stimmung bald wieder aufhellt? Und das wird sie! Den meisten in der Lieferkette werden dann die High-Runner fehlen. Und die Lager bei ihren Lieferanten werden ebenfalls bereits normalisiert oder leer sein. Auch Lieferanten müssen Lager abbauen und Liquidität gewinnen.
GLYN: Also ist eine Rückkehr zur Normalität wahrscheinlich? Bedeutet das für den Einkauf, wieder vorausschauend und sicher die Lagerbestände zu planen?
Gerhardt: Das wäre definitiv die beste Strategie. Zu spekulieren, dass ja schon innerhalb kürzester Zeit genügend Ware verfügbar ist, wird sich als erneuter Trugschluss erweisen, nur dieses Mal andersherum als damals in der Allokation. Der Mensch denkt eben linear, auch in die entgegengesetzte Richtung.
Eine große neue Allokation ist unwahrscheinlich. Aber normale Lieferzeiten von – je nach Produkt – 12 bis 20 Wochen sind es sehr wohl. Und Letzteres ist immerhin fast ein halbes Jahr.
Vermutlich ist es daher bald so weit, mal ein paar strategische Artikel langfristig zu der wieder gesunden Lieferzeit zu ordern. Zum Beispiel mit einem neuen Rahmenvertrag und Logistiksystem. In normalen Phasen fährt man damit definitiv am besten. Es wird Zeit, nach Euphorie und Depression wieder in die Normalität einzuschwenken.
Wer zu lange damit wartet, muss dann die üblichen Lieferzeiten abwarten und das seiner Geschäftsleitung und seinen Kunden erklären.
GLYN: Herr Gerhardt, vielen Dank, für diesen Erfahrungs-SUPPORT und dass Sie sich Zeit für unser Gespräch genommen haben.
Gerhardt: Sehr gerne und auch gerne wieder!